17.11.2022 07:00
Staatsweine für den Thurgau
Letzten Montag, 7. November, wurde an einer Medienkonferenz das Projekt «Thurgauer Staatswein» vorgestellt. Auf dem Arenenberg informierten Vertreter:innen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft über die geplante jährliche Kürung des besten «Roten» und «Weissen» aus dem Thurgau.
Arenenberg Bisher war es im Thurgau nicht geregelt, was für ein Wein an offiziellen Kantonsanlässen ausgeschenkt oder verschenkt wird. Um dies zu ändern und die «hervorragende Weinregion mit innovativen Winzerinnen und Winzern» ins Rampenlicht zu rücken, wird es ab dem 15. Mai 2023 einen offiziellen roten und weissen Thurgauer Staatswein geben. Damit es bei der Kürung mit rechten Dingen zu und hergeht, wurde letzten Montag an einer Medienkonferenz das offizielle Reglement des Projekts vorgestellt.
Regierungsrat Walter Schönholzer, Vorsteher des Departments für Inneres und Volkswirtschaft, machte in seinen Begrüssungsworten schnell klar, wieso der Thurgau einen Staatswein braucht: «Ich habe viel Kontakt zu Auswärtigen in nationalen Gremien und bin immer wieder erstaunt, wie wenig man über den Thurgau weiss. Mann kennt vielleicht den Waffenplatz Frauenfeld, den Bodensee und den Apfel – mehr aber nicht.» Dies müsse sich ändern, weshalb der Kanton Thurgau genau diese positive Beeinflussung
des Images in seine «Strategie Thurgau 2040» aufgenommen habe. Gerade für die im Strategiepapier erwähnte «Terroir-Initiative» würde sich der Thurgauer Staatswein hervorragend als Botschafter eigenen. Bezüglich dieser, heisst es in der «Strategie Thurgau 2040»: «Das Terroir-Prinzip, das heisst die auf die Besonderheiten und Chancen von Thurgauer Boden, Klima und Kompetenzen ausgerichtete Auswahl der landwirtschaftlichen Erzeugnisse sowie Bebauung, soll richtungsweisend werden – und zur umfassenden Chance für Landwirtschaft, Ernährungswirtschaft, Hotellerie, Gastronomie, Tourismus, für den Thurgau überhaupt werden.»
Es gebe zwar kein Absatzproblem bei den Thurgauer Weinen, da man eine Top-Qualität produziere und die Thurgauer:innen dies auch wissen und schätzen, ergänzte Walter Schönholzer: «Wir geniessen, bescheiden wie wir sind, die Dinge lieber selber.» Dennoch sei es wichtig, dass man offensiver gegen aussen auftrete, wofür sich ein Thurgauer Staatswein bestens eigne.
Ähnlich sieht dies Ständerat Jakob Stark, der selbst einen kleinen Rebberg an seinem Wohnort in Buhwil bewirtschaftet und zudem Präsident des Branchenverbands Thurgau Weine ist: «Die jährliche Wahl eines roten und weissen Thurgauer Staatsweins ist eine hohe Anerkennung und eine grosse Chance für den Thurgauer Weinbau. Anerkennung deshalb, weil die Kürung eines Staatsweins nur möglich ist, wenn jährlich genügend hervorragende Weine für die Auswahl zur Verfügung stehen.»
Der Thurgauer Weinbau habe sich in den den letzten 20 Jahren enorm entwickelt. Deshalb komme die Kürung eines Thurgauer Staatsweins genau zum richtigen Zeitpunkt für die 160 Thurgauer Winzer:innen, die über 240 Hektaren Reben bewirtschaften. «Es ist eine hervorragende Plattform und bietet dem Thurgauer Weinbau die Chance, noch bekannter zu werden. Damit immer mehr Weingeniesser:innen die hohe Qualität der Thurgauer Weine kennen und schätzten lernen», sagte Jakob Stark.
Nicht nur «Müller Thurgau»
Das Reglement für das «Projekt Thurgauer Staatswein» wurde vom Landwirtschaftsamt, dem Arenenberg, Agro Marketing Thurgau und dem Branchenverband Thurgau Weine herausgearbeitet und schliesslich von Regierungsrat Walter Schönholzer am 29. September unterzeichnet. Priska Held, Projektleiterin von Agro Marketing Thurgau erläuterte an der Medienkonferenz auch einige Eigenheiten des Reglements: «Die Vorauswahl wird durch Experten aus der Weinbranche, die Finalrunde mit einer Jury aus Regierung, Politik und Wirtschaft durchgeführt.» Zudem seien nicht jedes Jahr alle Weine zugelassen, sondern gebe es einen alternierenden Modus. Dies sei der Fall, um nebst den im Thurgau dominierenden Traubensorten «Pinot Noir» (rund 47 Prozent der Anbauflächen) und «Müller Thurgau» (rund 22 Prozent der Anbauflächen) auch anderen Rebsorten eine Chance zu geben. Für den «Weissen» heisse dies, dass in ungeraden Jahren ein «Müller Thurgau» und in geraden Jahren ein «Spezialitäten weiss» erkoren werde. Beim «Roten» ist es ein «Spezialitäten rot» in ungeraden Jahren und ein «Pinot Noir» in geraden. Bei den beiden «Spezialitäten» ist jeweils auch die Teilnahme von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (PIWI) erlaubt.
Die teilnehmenden Winzer:innen dürfen pro Kategorie jeweils nur einen Wein, sprich vier Muster-Flaschen, einsenden. Zudem müssten die Winzer:innen Mitglied des Branchenverbandes Thurgau Weine sein und nach Vorgaben vom «Ökologischen Leistungsnachweis» (ÖLN) oder von «Bio» produzieren.
Eine weitere Vorgabe sind Lieferkapazitäten von rund 250 Flaschen – die Menge, die vom Kanton jeweils pro gekürten Wein bestellt wird. Dies dürfte für die meisten Thurgauer Winzer:innen kein Problem darstellen, nahm jedoch einen bekannten Namen aus dem Rennen. «Ich produziere jährlich nur rund 200 Flaschen Wein und kann daher nicht mitmachen», informierte Winzer Jakob Stark.
Erwartungen sind hoch
Die ersten Thurgauer Staatsweine werden am 15. Mai 2023 im Rahmen eines Events erkoren. Obwohl Einzelheiten noch nicht bekannt sind, wurde die «Wild Card» für die Mitgliedschaft in der zehnköpfigen Jury der Finalrunde bereits vergeben: Brigitte Häberli, die Ende dieses Monats voraussichtlich zur Präsidentin des Ständerats gewählt wird, darf ihre bevorzugten Thurgauer Weine bestimmen.
Und wenn man den Worten von Winzer Michael Polich, Vize-Präsident des Branchenverbands Thurgau Weine, Glauben schenkt, dann werden die ersten Thurgauer Staatsweine etwas Spezielles: «Das Thurgauer Rebjahr 2022 wird ein Jahrgang zum Schwelgen werden. Es gab nicht nur eine gute Menge, sondern auch qualitativ hervorragendes und gesundes Traubengut.»
Von David A. Giger