22.12.2022 07:00
Kinder helfen Kindern – in Indonesien und weltweit
Letzten Mittwoch, 14. Dezember, durfte ich das erste Mal während eines Einsatzes in eine Doppelrolle schlüpfen: Weil die Bischofszeller Sternsinger dieses Jahr für Kinder in Indonesien Geld sammeln, war ich für einmal nicht nur Berichterstatter, sondern auch Referent und Auskunftsperson zu Fragen über meine zweite Heimat.
Bischofszell Dass Indonesien aus über 17'000 Inseln besteht und seine Bevölkerung ziemlich genau tausend Mal grösser ist als jene des Kantons Thurgau, interessiert Kinder nicht wirklich. Wie das indonesische Geld aussieht, ob es in Indonesien einen richtigen Dschungel gibt, was für Tiere dort leben, wie die Häuser gebaut werden und ob es dort auch Bodenheizungen gibt, hingegen schon. Die Neugier der Kinder beim Vorbereitungstreffen der Sternsinger in der Aula Sandbänkli war so herzerwärmend, wie die von ihnen gesungenen Lieder.
Obwohl Karin Curra, die zusammen mit Veronica Schnyder den Anlass des Pastoralraums Bischofszell organisierte, meinte, dass es «keine dummen Fragen, nur dumme Antworten» gäbe, musste sie nach einer ziemlich langen Weile feststellen, dass es aber durchaus zu viele Fragen gibt. Denn die Neugier der Kinder, mehr über Indonesien und ihre Bewohner:innen zu erfahren, war so gross, dass sie tatsächlich den Zeitrahmen zu sprengen drohte.
Von Kindern für Kinder
Unter dem Motto «Kinder stärken, Kinder schützen. In Indonesien und weltweit» werden die Sternsinger aus dem Pastoralraum Bischofszell dieses Jahr für Kinder in Indonesien auf die Strasse gehen und singen. Die Spenden werden für die indonesische Stiftung ALIT gesammelt, was eine Abkürzung von «Arek Lintang» ist. Aus dem Javanischen übersetzt heisst dies so viel wie «Sternenkinder». Ein Name, der passender nicht sein könnte.
Und nicht nur der Name passt, sondern auch das Programm von ALIT überzeugt. Dieses wurde den künftigen Sternsingern in einem kurzen Film vorgestellt. Diva, ein kleines Mädchen aus der Millionenstadt Surabaya, erzählt aus ihrem Alltag. Sie lebt mit ihrer Familie direkt an einer Bahnlinie. So nah, dass die Eltern an der Tür ihres einfachen Zuhauses ein Brett anbringen müssen, um Divas kleinen Bruder beim Spielen vor vorbeifahrenden Zügen zu schützen.
Solche Wohnverhältnisse sind in indonesischen Städten nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Die ärmsten Leute müssen sich zwangsläufig an den günstigsten Orten niederlassen. Und genau an solchen Orten sind Kinder oftmals ohne jeglichen Schutz. Sie sind entweder unbeaufsichtigt, da die Eltern arbeiten müssen, um die nächste Mahlzeit auf den Tisch zu bringen. Oder sie arbeiten selbst, um ihre Familie beim Broterwerb zu unterstützen.
«Dank ALIT gibt es einen Ort, an dem Kinder sich geschützt und geborgen fühlen können», erklärt der Reporter Willi Weitzel die wichtige Rolle, welche die Stiftung übernimmt. ALIT bietet jedoch nicht nur einen sicheren Hafen, sondern erteilt auch wöchentlich Kinderschutztraining. Und auch der Einbezug der Eltern ist der Organisation sehr wichtig, denn «Kinderschutz ist die Aufgabe von Erwachsenen».
Eine andere Welt
Dass die meisten Kinder, die in Indonesien geboren werden, ganz andere Zukunftsaussichten wie Kinder in der Schweiz haben, weiss ich aus erster Hand. Während eines über zehnjährigen Aufenthalts und auf vielen Reisen mit dem Motorrad, habe ich Land und Leute kennengelernt. In Gesprächen mit Einheimischen habe ich Informationen gesammelt und meine Schlüsse daraus gezogen. Und die wichtigste Erkenntnis, die ich in Bezug auf Kinder in Indonesien gewonnnen habe, ist leider eine sehr traurige: Kinder haben kaum Perspektiven in Indonesien. Sie sind noch heute vor allem eine Altersvorsorge. Wo bei uns AHV und Pensionskassen ins Spiel kommen, sind in Indonesien die Kinder gefordert. Je mehr Kinder man hat, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass man im Alter nicht in noch grössere Armut rutscht. Denn es ist oberste Pflicht, dass Kinder im Erwachsenenalter jene Fürsorge für ihre Eltern leisten, die sie in ihrer Kindheit genossen haben.
Dieser Umstand in Kombination mit einem Bildungssystem, das kaum seinen Namen verdient, führt zu einer Armutsspirale, aus der man kaum wieder herauskommt. Darum investieren Eltern, die zu etwas Geld kommen oder der Mittelschicht angehören, immer als Erstes in Privatschulunterricht für ihre Kinder. Wer jedoch kein Geld hat, der muss sich vielerorts mit ein paar wenigen Stunden Unterricht pro Tag begnügen. Dass auch viele Lehrer:innen von ihrem kleinen Lohn kaum leben können, macht die Lage zudem nicht einfacher.
Kleiner Betrag, grosse Wirkung
Da vielerorts in Indonesien noch Armut herrscht, wird der Einsatz der Sternsinger und der Stiftung ALIT einen Unterschied machen. Denn auch mit kleinen Beträgen in den Händen der richtigen Leute kann man in diesem Land noch heute viel bewirken.
Dass die Sternsinger in den kommenden Tagen ihr Bestes geben werden, um für ihre Altersgenossen in Indonesien Geld zu sammeln, steht deshalb für mich ausser Frage. Sollten sich jedoch noch weitere Kinder dafür interessieren, für eine gute Sache Lieder zu singen und Geld zu sammeln, dann kann man sich auf der Webseite des Pastoralraums Bischofsberg informieren.
Die «Sternenkinder» in Indonesien werden sich bestimmt unglaublich über die Hilfe jedes einzelnen Sternsingers freuen. Terima kasih banyak - herzlichen Dank auch von mir für Euren Einsatz, liebe Sternsinger!
Weitere Informationen unter:
www.missio.ch
www.pastoralraum-bischofsberg.ch
Von David A. Giger