19.01.2023 10:31
Gold-Label für Energiepolitik
Letzten Dienstag, 10. Januar, wurde Arbon in passender Lokalität für seine Energiepolitik ausgezeichnet: Auf der Elektrofähre «MS Insel Mainau» übergaben Nationalrat Kurt Egger und Regierungsrat WalterSchönholzer das Gold-Label an die Stadt Arbon.
Arbon Die erste grosse Elektrofähre auf dem Bodensee wurde von der Stadt Arbon ausgesucht, um einen weiteren «Meilenstein» in der Energiepolitik zu feiern. Vizestadtpräsident Didi Feuerle liess es sich in seinen Begrüssungsworten nicht nehmen, diese besondere Gegebenheit hervorzuheben: «Gleichzeitig in Arbon und auf der 'Insel Mainau' – das hat es in der 5000-jährigen Geschichte der Stadt noch nie gegeben.» Auch glaube er, dass es trotz aller Bestrebungen der Stadt wohl in den nächsten Jahren keine «Seegfrörni» mehr geben wird, wie dies vor genau 60 Jahren der Fall war.
Didi Feuerle wies in seinen Ausführungen auch darauf hin, dass eben diese «Seegfrörni» vor 60 Jahren der Ursprung der Städtepartnerschaft mit Langenargen sei. Und ergänzte dann gleich, dass eine Elektro-Fähre zwischen den beiden Städten nicht nur ähnlich völkerverbindend sein könnte, sondern auch touristisch attraktiv.
Ob und wann eine Elektrofähre in Arbon für eine normale Kursfahrt anlegen wird, steht jedoch in den Sternen. Dass es eine gute Investition wäre, einen Teil der «TKB-Millionen» für eine klimaneutrale Bodenseeschifffahrt einzusetzen, stand zumindest für den Captain der «MS Insel Mainau» ausser Frage. Denn obwohl er erst skeptisch war betreffend Elektromotoren, hätte er feststellen müssen, dass elektrische Motoren nicht nur effizienter sind als konventionelle, sondern auch viel wirtschaftlicher. So habe die Anfahrt nach Arbon nur gerade 15 Franken gekostet. An einem sonnigen Tag könne dieser Betrag sogar noch kleiner ausfallen, da dann die eigene, topmoderne Solaranlage die Ein-Megawatt-Batterie stetig auflade.
Was ist eine Energiestadt?
Das Label Energiestadt zeichnet alle Gemeinden aus, die überdurchschnittliche Anstrengungen im Bereich ihrer kommunalen Energie- und Klimapolitik unternommen haben. Diese Kriterien sind für jede Gemeinde unterschiedlich, da die Voraussetzungen und Handlungsspielräume sich auch von Gemeinde zu Gemeinde unterscheiden. Betreffend «Gold-Label» heisst es auf der Energiestadt-Webseite: «Das Label 'Energiestadt Gold' ist die höchste Auszeichnung für Städte und Gemeinden, die sich kontinuierlich für eine effiziente Nutzung von Energie, erneuerbare Energien und Klimaschutz engagieren und besonders hohe Anforderungen erfüllen.»
In Zahlen ausgedrückt heisst dies, dass eine «Energiestadt» mindestens 50 Prozent und eine «Energiestadt Gold» mindestens 75 Prozent der ihr auferlegten Kriterien erfüllen muss. Sind diese Hürden erreicht, verleiht die Dachorganisation «Association European Energy Award» in Zusammenarbeit mit dem Trägerverein Energiestadt das entsprechende Label – «goldene» waren dies schweizweit bisher 89.
Dieser Labelprozess habe jedoch nicht nur grundsätzlich viel zu bieten, sondern sei auch eine Verpflichtung zu einem Langzeitengagement, erklärte Kurt Egger: «Wenn man Teil eines Labelprozesses ist, dann bleibt man am Ball und macht sich alle vier Jahre wieder Gedanken zum Thema.» Der Nationalrat weiss, wovon er spricht, war er doch selbst mehr als 20 Jahre lang und unter acht Stadtpräsidenten Energieberater in Arbon. Mitunter wegen dieses Labelprozesses sei Arbon, das 1998 die erste Energiestadt im Thurgau wurde, heute auch so gut gerüstet für künftige Herausforderungen.
Regierungsrat Walter Schönholzer lobte in seiner Rede nicht nur die erfolgreiche Energiepolitik der Stadt Arbon, sondern sprach auch das noch nicht ausgeschöpfte Energie-Potenzial des Bodensees an: «Der Kanton hat mit der Studie über die Nutzung der Seewärme eine Vorleistung betrieben. Diese soll nun von den Gemeinden in Seenähe, wenn möglich, genutzt werden.» Es sehe diesbezüglich nicht schlecht aus, denn hätten nicht nur mehrere Gemeinden Machbarkeitsstudien in Auftrag gegeben, sondern seien auch schon einige Projekte kurz vor ihrer Verwirklichung. Doch nicht nur die Seewärme sei wichtig, um die Abhängigkeit von Energieimporten zu reduzieren, sondern auch alle anderen nachhaltigen Technologien, die allgemein bekannt sind.
Nicht die erste Energiestadtim Oberthurgau
Obwohl in Arbon ein grosser Aufwand betrieben wurde, um diesen «Meilenstein» in der Geschichte der städtischen Energiepolitik zu feiern, war es keine Premiere im Oberthurgau. Am 2. Januar erhielt bereits die Stadt Amriswil das «Energiestadt Gold-Label» verliehen. Im Rahmen des Neujahrsapéros im Pentorama überreichten Katrin Bernath, Präsidentin des Trägervereins Energiestadt, und Regierungsrat Walter Schönholzer die Urkunde an Stadtpräsident Gabriel Macedo.
Dass der gleiche Meilenstein in den zwei grössten Thurgauer Gemeinden so unterschiedlich zelebriert wird, überrascht doch. Ebenso der Umstand, dass die Medienmitteilung der Stadt Amriswil erst am 12. Januar publiziert wurde und somit Arbon diesbezüglich sogar einen Tag schneller war.
Trotz dieser unterschiedlichen Gewichtung des energiepolitischen «Meilensteins», steht den beiden sowieso eine andere Oberthurgauer Gemeinde vor der Sonne. Denn nochmals zwei Jahre schneller beim Erreichen des «Gold-Status» war die Gemeinde Egnach. Diese darf sich schon seit Dezember 2020 «Energiestadt Gold» nennen.
Von David A. Giger