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Freitag, 19. August 2022
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dag
Der 1. August ist der Schweizer Nationalfeiertag. Gefeiert wird die Schweiz, unser Vaterland. Doch was bedeutet dies überhaupt? Was genau feiern wir? Ein paar Gedanken zu meinem immer noch gestörten nationalen Selbstverständnis.
In der Schweiz ein Patriot zu sein, ist nicht einfach. Während man in den USA und anderen Ländern als Verräter und Nestbeschmutzer angesehen werden kann, wenn man kein Patriot ist, wird das Wort hier in der Schweiz oft abwertend benutzt. Nicht nur dies ist dem Duden zu entnehmen, sondern auch, dass es auf Französisch ganz einfach ein Vaterlandsfreund ist. Doch was ist ein Vaterlandsfreund? Wieso soll man einer sein? Und wieso darf man keiner sein?
Ich bin Schweizer. Daran lässt sich nicht rütteln. Was mich in meinen Augen nebst meiner Herkunft zu einem Schweizer macht, ist meine Bodenständigkeit, meine Korrektheit und meine Zurückhaltung. Schweizer zu sein, ist auch ein Privileg, ohne Zweifel ein Sechser im Lotto. Denn in unserem Land haben wir nicht nur freien Zugang zu Bildung, staatliche und private Fangnetze, wie nirgendwo anders, sondern wir sind auch an vielen Orten in der Welt beliebt und willkommene Gäste. Wir können uns das Reisen leisten und brauchen vielerorts nicht einmal ein Visum dazu.
Aber kein Land auf dieser Welt ist perfekt. Jedes Land hat seine Vorzüge und Nachteile, seine positiven und seine negativen Seiten. Und welcher Kategorie die Charaktereigenschaft zugeordnet wird, ist oft eine reine Interpretationssache. Nehmen wir als Beispiel die Schweizer Garde. Sie kann einerseits als Beweis dienen, dass wir Schweizer wehrhaft und zuverlässig sind. Oder andererseits, dass wir Söldner sind, die bei passendem Lohn alles machen. Wahrhafte Helden und wahrhafte Kapitalisten in einem, sozusagen.
Die eigene nationale Identität ist immer geprägt durch diese Dualität, durch diese Doppeldeutung. Ich bin jedoch weder für die guten, noch für die schlechten Errungenschaften meines Lands verantwortlich. Darum störe ich mich daran, wenn jemand Junges sagt, sie oder er sei stolz, Schweizer zu sein. Glücklich und dankbar, ja. Aber «Stolz» ist in meinem Verständnis an eine Leistung geknüpft. Und was habe ich für mein Vaterland geleistet, das mich stolz machen sollte? Militärdienst? Sicherlich nicht. Auch wenn mich dies laut Oxford Dictionary schon zu einem halben Patrioten macht. Denn ein Patriot sei «eine Person, die ihr Land liebt und bereit ist, es gegen einen Feind zu verteidigen.»
Auch wenn die tatsächliche Verteidigung unseres Landes – zumindest bis vor Kurzem – ein absolut hypothetisches und unwahrscheinliches Szenario war, würde ich diesen Punkt zweifellos erfüllen. Doch wie sieht es mit der Vaterlandsliebe aus? Ein Punkt, dessen Klärung doch etwas komplizierter ist.
Lange Zeit hatte ich ein verkrampftes Verhältnis zu meiner nationalen Identität. Die Schweizerische Tugend, nicht aufzufallen und schon gar nicht negativ, sowie der Irrglaube, dass heimatliebend automatisch auch fremdenfeindlich ist, hat mich davon abgehalten, mich zu diesem Thema gross zu äussern. Die Distanz und Erfahrung, die ich durch ein Jahrzehnt im Ausland und viele Reisen gewonnen habe, lockern mir jetzt die Zunge. Und eine gewisse Reife gibt mir den Mut und die Gelassenheit, das Thema jetzt und hier anzuschneiden.
Obwohl Heimatverbundenheit oftmals mit Skepsis gegenüber dem Fremden einhergeht, muss dies nicht der Fall sein. Man kann seine Heimat lieben und dennoch andere Kulturen respektieren und mögen. Oder ist es nicht gerade eine Bedingung, die eigene Heimat zuerst zu lieben? «Erst wenn Du Dich selbst liebst, bist Du fähig, andere zu lieben», ist eine universelle Weisheit. Also erst wenn ich meine Heimat liebe, kann ich auch das Fremde lieben. Klingt einleuchtend. Könnte es also sein, dass ich meine Heimat schon immer geliebt habe, ich mir dies nur nie eingestanden habe? Oder ich mich nicht getraut habe, da ich das Gefühl hatte, mich deshalb erklären zu müssen? Dass Heimatliebe nicht kompatibel ist mit meiner Weltoffenheit?
Einwanderung – die Ausländerfrage - ist ein heikles Thema hier in der Schweiz. Dies sollte es jedoch nicht sein. Denn genau wie bei allen problematischen Themen, ist eine offen geführte Diskussion wesentlich für die Lösungsfindung. Wenn man sich jedoch vor der Meinungsäusserung rechtfertigen muss, läuft etwas schief: «Ich darf mich zum Thema Einwanderung äussern, da meine Frau eine indonesische Muslima ist, ich die ganze Welt bereist habe und ich Freunde aus allen Religionen und Regionen habe!» Dieses zwanghafte Rechtfertigungsbedürfnis ist einer der Gründe, wieso in ganz Europa Parteien Zulauf haben, die dieses Thema weit oben auf ihrer Agenda haben.
Es ist jedoch nicht nur das Fehlen einer offenen Diskussion, das einem harmonischeren Miteinander im Weg steht. Die Frage unserer nationalen Identität und jene der Einwanderung werden in meinen Augen auf einer total falschen Ebene geführt. Mit dem Slogan «Wir Menschen sind alle gleich» will man Einheit und Toleranz fördern. Doch hat dies geklappt? Ist die Prämisse Harmonie fördernd? Und stimmt sie überhaupt?
Wir sind bestimmt alle Menschen, aber gleich sind wir garantiert nicht. Wie soll ich meiner sechsjährigen Tochter erklären, dass ein Pygmäe aus dem Kongo gleich ist wie ein Inuit aus Kanada und ebenso gleich wie der 2,29 Meter grosse Yao Ming, eine NBA-Legende aus China? Wie soll ich ihr erklären, dass ich gleich bin wie meine indonesische Frau, ihr Mami? Meine Frau ist nicht nur die halbe Portion von mir, sondern auch von Grund auf verschieden. Und genau darum ist sie meine Frau – weil sie anders ist, weil Gegensätze sich anziehen und sich teilweise ergänzen. Darum bin ich der festen Überzeugung, dass wir die Diskussion unbedingt auf einer anderen Ebene führen müssen: «Wir sind alle verschieden. Und dies ist gut so!» Diese Ansichtsweise betont nicht nur unsere Individualität und nationale Identität, sondern auch die Vorzüge der Vielfalt. Eine Kategorisierung von Menschen ist in meinen Augen absolut unproblematisch, solange es keine Schubladisierung, keine Abstufung gibt.
Wenn wir also zurück zu der Definition eines Patrioten im Oxford Dictionary kommen, dann gibt es keine Zweifel daran, dass ich einer bin. Denn ich würde mein Vaterland nicht nur verteidigen, sondern liebe es auch. Dies ist sicherlich so, weil ich hier geboren bin; aber nicht nur deswegen. Denn es gibt gute Gründe, warum Menschen aus aller Herren Ländern auch gerne bei uns leben würden.
Unser Patriotismus sollte deshalb eine Selbstverständlichkeit und kein Abwehrmechanismus sein. Ich will nicht ein Patriot aus Not sein, sondern ein Bewahrer von Traditionen und lebendes Beispiel einer anständigen und bodenständigen Mentalität. Gerne hätte ich das Selbstverständnis meiner Frau, deren Patriotismus etwas absolut Natürliches ist. So natürlich, dass unserer damals dreijährigen Tochter in aller Selbstverständlichkeit die indonesische Nationalhymne gelehrt wurde.
Unsere Identität ist nicht durch Vielfalt gefährdet, sie ist auf Vielfalt gegründet. Denn welches andere Land hat vier offizielle Landessprachen und kann mit gewissen Mitbürgern darum kaum kommunizieren? Unsere Werte und Überzeugungen machen uns zu Schweizerinnen und Schweizern. Und wenn wir diese pflegen und leben, ganz im Sinne unseres Landemottos «Einer für alle. Alle für einen», dann ist das möglich, was in Indonesien als Staatsmotto gilt: «Einheit in der Vielfalt».
In diesem Sinne wünsche ich allen Patriot:innen, Weltbürger:innen und Ausländer:innen einen friedlichen und harmonischen Nationalfeiertag.
Von David A. Giger
dag
Der 1. August ist der Schweizer Nationalfeiertag. Gefeiert wird die Schweiz, unser Vaterland. Doch was bedeutet dies überhaupt? Was genau feiern wir? Ein paar Gedanken zu meinem immer noch gestörten nationalen Selbstverständnis.
In der Schweiz ein Patriot zu sein, ist nicht einfach. Während man in den USA und anderen Ländern als Verräter und Nestbeschmutzer angesehen werden kann, wenn man kein Patriot ist, wird das Wort hier in der Schweiz oft abwertend benutzt. Nicht nur dies ist dem Duden zu entnehmen, sondern auch, dass es auf Französisch ganz einfach ein Vaterlandsfreund ist. Doch was ist ein Vaterlandsfreund? Wieso soll man einer sein? Und wieso darf man keiner sein?
Ich bin Schweizer. Daran lässt sich nicht rütteln. Was mich in meinen Augen nebst meiner Herkunft zu einem Schweizer macht, ist meine Bodenständigkeit, meine Korrektheit und meine Zurückhaltung. Schweizer zu sein, ist auch ein Privileg, ohne Zweifel ein Sechser im Lotto. Denn in unserem Land haben wir nicht nur freien Zugang zu Bildung, staatliche und private Fangnetze, wie nirgendwo anders, sondern wir sind auch an vielen Orten in der Welt beliebt und willkommene Gäste. Wir können uns das Reisen leisten und brauchen vielerorts nicht einmal ein Visum dazu.
Aber kein Land auf dieser Welt ist perfekt. Jedes Land hat seine Vorzüge und Nachteile, seine positiven und seine negativen Seiten. Und welcher Kategorie die Charaktereigenschaft zugeordnet wird, ist oft eine reine Interpretationssache. Nehmen wir als Beispiel die Schweizer Garde. Sie kann einerseits als Beweis dienen, dass wir Schweizer wehrhaft und zuverlässig sind. Oder andererseits, dass wir Söldner sind, die bei passendem Lohn alles machen. Wahrhafte Helden und wahrhafte Kapitalisten in einem, sozusagen.
Die eigene nationale Identität ist immer geprägt durch diese Dualität, durch diese Doppeldeutung. Ich bin jedoch weder für die guten, noch für die schlechten Errungenschaften meines Lands verantwortlich. Darum störe ich mich daran, wenn jemand Junges sagt, sie oder er sei stolz, Schweizer zu sein. Glücklich und dankbar, ja. Aber «Stolz» ist in meinem Verständnis an eine Leistung geknüpft. Und was habe ich für mein Vaterland geleistet, das mich stolz machen sollte? Militärdienst? Sicherlich nicht. Auch wenn mich dies laut Oxford Dictionary schon zu einem halben Patrioten macht. Denn ein Patriot sei «eine Person, die ihr Land liebt und bereit ist, es gegen einen Feind zu verteidigen.»
Auch wenn die tatsächliche Verteidigung unseres Landes – zumindest bis vor Kurzem – ein absolut hypothetisches und unwahrscheinliches Szenario war, würde ich diesen Punkt zweifellos erfüllen. Doch wie sieht es mit der Vaterlandsliebe aus? Ein Punkt, dessen Klärung doch etwas komplizierter ist.
Lange Zeit hatte ich ein verkrampftes Verhältnis zu meiner nationalen Identität. Die Schweizerische Tugend, nicht aufzufallen und schon gar nicht negativ, sowie der Irrglaube, dass heimatliebend automatisch auch fremdenfeindlich ist, hat mich davon abgehalten, mich zu diesem Thema gross zu äussern. Die Distanz und Erfahrung, die ich durch ein Jahrzehnt im Ausland und viele Reisen gewonnen habe, lockern mir jetzt die Zunge. Und eine gewisse Reife gibt mir den Mut und die Gelassenheit, das Thema jetzt und hier anzuschneiden.
Obwohl Heimatverbundenheit oftmals mit Skepsis gegenüber dem Fremden einhergeht, muss dies nicht der Fall sein. Man kann seine Heimat lieben und dennoch andere Kulturen respektieren und mögen. Oder ist es nicht gerade eine Bedingung, die eigene Heimat zuerst zu lieben? «Erst wenn Du Dich selbst liebst, bist Du fähig, andere zu lieben», ist eine universelle Weisheit. Also erst wenn ich meine Heimat liebe, kann ich auch das Fremde lieben. Klingt einleuchtend. Könnte es also sein, dass ich meine Heimat schon immer geliebt habe, ich mir dies nur nie eingestanden habe? Oder ich mich nicht getraut habe, da ich das Gefühl hatte, mich deshalb erklären zu müssen? Dass Heimatliebe nicht kompatibel ist mit meiner Weltoffenheit?
Einwanderung – die Ausländerfrage - ist ein heikles Thema hier in der Schweiz. Dies sollte es jedoch nicht sein. Denn genau wie bei allen problematischen Themen, ist eine offen geführte Diskussion wesentlich für die Lösungsfindung. Wenn man sich jedoch vor der Meinungsäusserung rechtfertigen muss, läuft etwas schief: «Ich darf mich zum Thema Einwanderung äussern, da meine Frau eine indonesische Muslima ist, ich die ganze Welt bereist habe und ich Freunde aus allen Religionen und Regionen habe!» Dieses zwanghafte Rechtfertigungsbedürfnis ist einer der Gründe, wieso in ganz Europa Parteien Zulauf haben, die dieses Thema weit oben auf ihrer Agenda haben.
Es ist jedoch nicht nur das Fehlen einer offenen Diskussion, das einem harmonischeren Miteinander im Weg steht. Die Frage unserer nationalen Identität und jene der Einwanderung werden in meinen Augen auf einer total falschen Ebene geführt. Mit dem Slogan «Wir Menschen sind alle gleich» will man Einheit und Toleranz fördern. Doch hat dies geklappt? Ist die Prämisse Harmonie fördernd? Und stimmt sie überhaupt?
Wir sind bestimmt alle Menschen, aber gleich sind wir garantiert nicht. Wie soll ich meiner sechsjährigen Tochter erklären, dass ein Pygmäe aus dem Kongo gleich ist wie ein Inuit aus Kanada und ebenso gleich wie der 2,29 Meter grosse Yao Ming, eine NBA-Legende aus China? Wie soll ich ihr erklären, dass ich gleich bin wie meine indonesische Frau, ihr Mami? Meine Frau ist nicht nur die halbe Portion von mir, sondern auch von Grund auf verschieden. Und genau darum ist sie meine Frau – weil sie anders ist, weil Gegensätze sich anziehen und sich teilweise ergänzen. Darum bin ich der festen Überzeugung, dass wir die Diskussion unbedingt auf einer anderen Ebene führen müssen: «Wir sind alle verschieden. Und dies ist gut so!» Diese Ansichtsweise betont nicht nur unsere Individualität und nationale Identität, sondern auch die Vorzüge der Vielfalt. Eine Kategorisierung von Menschen ist in meinen Augen absolut unproblematisch, solange es keine Schubladisierung, keine Abstufung gibt.
Wenn wir also zurück zu der Definition eines Patrioten im Oxford Dictionary kommen, dann gibt es keine Zweifel daran, dass ich einer bin. Denn ich würde mein Vaterland nicht nur verteidigen, sondern liebe es auch. Dies ist sicherlich so, weil ich hier geboren bin; aber nicht nur deswegen. Denn es gibt gute Gründe, warum Menschen aus aller Herren Ländern auch gerne bei uns leben würden.
Unser Patriotismus sollte deshalb eine Selbstverständlichkeit und kein Abwehrmechanismus sein. Ich will nicht ein Patriot aus Not sein, sondern ein Bewahrer von Traditionen und lebendes Beispiel einer anständigen und bodenständigen Mentalität. Gerne hätte ich das Selbstverständnis meiner Frau, deren Patriotismus etwas absolut Natürliches ist. So natürlich, dass unserer damals dreijährigen Tochter in aller Selbstverständlichkeit die indonesische Nationalhymne gelehrt wurde.
Unsere Identität ist nicht durch Vielfalt gefährdet, sie ist auf Vielfalt gegründet. Denn welches andere Land hat vier offizielle Landessprachen und kann mit gewissen Mitbürgern darum kaum kommunizieren? Unsere Werte und Überzeugungen machen uns zu Schweizerinnen und Schweizern. Und wenn wir diese pflegen und leben, ganz im Sinne unseres Landemottos «Einer für alle. Alle für einen», dann ist das möglich, was in Indonesien als Staatsmotto gilt: «Einheit in der Vielfalt».
In diesem Sinne wünsche ich allen Patriot:innen, Weltbürger:innen und Ausländer:innen einen friedlichen und harmonischen Nationalfeiertag.
Von David A. Giger
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